Menschen, die mit mir schlafen, äh, übernachten, schwärmen oftmals von meinem tiefen, erholsamen, ergiebigen Schlaf. Ich schlafe in aller Regel zügig ein, werde durch so gut wie nichts gestört (wenn ich mich sicher fühle!), und wache nach wenigen Stunden erholt und frisch auf.

Das war nicht immer so. Ich kann mich gut an meine Studienzeit erinnern. In den ersten Jahren habe ich katastrophal geschlafen. An Einschlafen war oft nicht zu denken. Meine Nächte habe ich häufig mit Domians Nachtshow im Fernsehen verbracht. Ich hatte Kopfkino vom Feinsten. Und war morgens einfach nur hinüber. Linderung leisteten zumeist nur zwei, drei Whisky. Tabletten waren noch nie mein Ding. An diese Phase muss ich in letzter Zeit regelmäßig denken. Mein momentanes Leben ähnelt in vielem meinem Leben vor gut zwanzig Jahren.
Doch wo liegen die Unterschiede, weshalb fiel mir das Schlafen damals so schwer und heute ist mir Schlaf ein Quell der Regeneration? Damals hatte ich überhaupt keine Lust zu studieren, es war mir eine Qual. Ich wusste schlicht nicht wohin mit mir. Wohin soll das alles nur führen? Was will ich wirklich? Ich war planlos. Alternativlos. Habe mich kaum bewegt. Bin Ruhe und Stille aus dem Weg gegangen. Das sieht heute ganz anders aus.

Wir sind enorm leidensfähig. Serge Kahili King, der womögliche Erfinder des Neotrends der Autosuggestion, sagt in seinem inspirierenden Buch Ihr Körper glaubt, was Sie ihm sagen dazu: „Doch werden Sie keine positiven Wandlungen in Ihrem Leben bewirken, solange der Wunsch, die Umstände zu ändern, nicht stärker ist als die Bequemlichkeit der vertrauten Qual.“
Wir nehmen sehr viel in Kauf, bevor wir uns trauen zuzugeben, dass wir womöglich auf einem ungünstigen, schmerzlichen Weg sind. Schlaflosigkeit. Magen- und Verdauungsstörungen. Kopf- und Gliederschmerzen. Erschöpfung. Nicht selten unsere Rechtfertigung dafür, dieses oder jenes gerade nicht unternehmen zu können. Unsere Ausrede für Medikamente, Aufputscher wie Koffein und Alkohol, Rückzug. Ich kann ein Lied davon singen. Anstelle diese Symptome als wertvolle Signale anzuerkennen, die uns mitteilen wollen, dass wir etwas in unserem Leben ändern sollten.

Mit täglicher Bewegung, frischer Luft, ausgewogener Ernährung und Meditation, würden unsere vorgeschilderten Symptome mehrheitlich verschwinden. Das entspricht nicht nur meiner persönlichen Erfahrung in der Beobachtung von anderen und mir, sondern auch der Expertise aller Mediziner:innen und Therapeut:innen, denen ich vertraue. Dazu alles rauslassen, was da ist. Es ist sowieso da. Und sich mit dem aussöhnen, was ist. Zumeist ist es wesentlich erträglicher, als befürchtet. Wetten?
Die häufigste Reaktion, die ich im Gespräch zu diesen Themen erhalte? >>Täglich Bewegung, frische Luft und Meditation? Die Zeit habe ich nicht.<< Also lieber Kopfhörer drauf und Walgesang mit Elektromukke zur Ablenkung auf Arbeit, abends ins Sportstudio hetzen und auf die Nacht eine oder zwei Tabletten zur Beruhigung.
Ein Kunde von mir kam mit dem Bedürfnis nach Herausforderung, überschaubarem Umfeld, Ruhe und Einkehr zu mir. Als Kontrast zu seinem hektischen, schlaflosen, unüberblickbaren, hyperurbanen Alltag. Die allergrößte Freude war mir, als er nach einem erfüllten Tag draußen, ohne Ablenkung und mit viel frischer Luft, auf dem Nachhauseweg neben mir im Geländewagen eingeschlafen ist. Seelig. Erschöpft. Befreit. Tief. So etwas kenne ich ansonsten nur von meinen Kindern.
Euer Martin

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